Selbstverteidigungsseminar
mit
Shihan Wolfgang Gröger

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Am 15.01.2005 fand im Dojo der Sportschule Gröger in Bayreuth das erste diesjährige Seminar mit Meisterlehrer Wolfgang Gröger, Shihan 12. Dan, statt. Um die 20 Teilnehmer nutzten die Gelegenheit, von einem der bekanntesten Nahkampfexperten zu lernen und ihre Kenntnisse und Fertigkeiten auszubauen.

Schwerpunkt des Lehrgangs war die Abwehr von Faustfeuerwaffen. Da es in vorangegangener Zeit immer wieder zu Fragen gekommen war, ging Gröger in diesem Seminar sehr intensiv auf dieses Gebiet ein.

Zunächst machte Gröger klar, dass es grundsätzlich zwei Arten von Faustfeuerwaffen gibt. Man unterscheidet in Revolver (die Patronen werden in einer rotierenden Trommel gelagert) und Pistolen, bei denen in der Regel die Patronen automatisch durch eine Schlittenbewegung aus einem Magazin nachgeladen werden. Hier zeigte Gröger deutlich auf, dass es neben der Bedrohung durch das Projektil viele weitere Faktoren zu beachten gibt, um eine solche Abwehr für sich selbst unbeschadet und möglichst auch ohne Gefährdung anderer zu vollenden. So wird beim Auslösen eines Schusses neben einem lauten Knall (ev. Gehörverlust oder man erschrickt selbst und die Verteidigung wird dadurch eventuell verzögert), auch ein Feuerstoss aus der Mündung der Waffe hervortreten. Unverbrannte Pulverreste und hochgespannte Gase werden im Bereich der Waffe freigesetzt. Bei Pistolen wird zu dem in der Regel eine Hülse ausgeworfen, die einen treffen könnte und der Schlitten kann bei einem selbst schwere Verletzungen hervorrufen, wenn man bei der Verteidigung in den Bereich seiner Bewegung greift oder mit den Fingern in die Öffnung für den Hülsenauswurf gerät. Ebenso können bei einer Waffe mehrere Schüsse in schneller Folge abgegeben werden. Bei der Verteidigung sollte die Waffe nach Möglichkeit immer so gerichtet werden, dass sie auch beim Schuss weder das eigene noch das Leben umstehender Personen gefährdet. Nur ein einfaches Wegfegen der Waffe genügt grundsätzlich nicht, da hier die Kontrolle der Waffe sehr wichtig ist. Auch ein Wegfegen der Waffe von der Arminnenseite her kann den Schuss auf einen selbst lenken (Trägheitsgesetz etc.). Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Eigensicherung nach erfolgreicher Verteidigung. Hierzu gehört in erster Linie das Sicherstellen der Waffe. Gröger machte jedoch darauf aufmerksam, dass man mit der Waffe des Angreifers nicht unbedingt Kontrolle über diesen gewinnen kann. Viele verbreitete Modelle von scharfen Waffen werden inzwischen als Schreckschuss- und Spielzeugwaffen detailgetreu nachgebaut. Die Unterscheidung fällt auch Fachleuten nicht immer leicht und ist in einer Stresssituation nahezu unmöglich. Unkundige wissen oft nicht, ob die Waffe funktioniert, gesichert oder schussbereit und geladen ist. Auch hier gibt es aufgrund der vielen verschiedenen Modelle keine 100 % Gewissheit. Zudem kann es bei einer fremden Waffe zu Fehlfunktionen kommen. Auch die Gefahr eine falsch behandelte, umgebaute oder beschädigte Waffe in die Hände zu bekommen ist gegeben. Gröger empfahl daher möglicht andere Alternativen zur Festlegung des Angreifers zu nutzen und die Waffe ohne weitere Verwendung nur sicherzustellen. Das Sicherstellen der Waffe kann auch ggf. für eine spätere Beweissicherung wichtig sein.

Für die eigentliche Verteidigung macht Gröger auf weitere Gefahren aufmerksam. Da eine gespannte und durchgeladene Waffe in der Regel nur wenig Kraft zum Auslösen des Schusses benötigt, kann man davon ausgehen, dass bei einer Abwehr ein oder mehrere Schüsse abgegeben werden. Deswegen ist es unbedingt notwendig, sich aus dem Gefahrenbereich zu bewegen und dabei gleichzeitig die Waffe in die entgegengesetzte Richtung zu lenken. Vom einfachen Wegschlagen der Waffe riet Gröger jedoch grundsätzlich ab. Auch bei sofortigem Konterschlag kann der Angreifer möglicherweise nicht sofort kampfunfähig sein. Sollte er die Waffe dann auch noch in der Hand haben, wären die Folgen fatal. Ebenso gefährlich ist, wie oben erwähnt, z. B. ein Schlag mit der Handkante in die Innenseite der Waffenhand. Aufgrund der Massenträgheit (Trägheitsgesetz) würde ggf. das Handgelenk abknicken und die Waffe dadurch möglicherweise immer noch auf die eigene Person gerichtet bleiben. Zudem könnte durch einen solchen Schlag sofort der Schuss ausgelöst werden.

Gröger demonstrierte an verschiedenen Waffenmodellen und bei verschiedenen Angriffen, wie man sich effektiv verteidigen kann. Immer wieder ermahnte er die übenden möglichst mit beiden Händen die Waffenhand zu fixieren, um ein Losreißen zu vermeiden. Auch die Teilnehmer merkten beim üben, dass sie vorher dem einen oder anderen (z. B. die Gefahr durch den sich bewegenden Schlitten bei der Pistole) früher zu wenig Beachtung geschenkt hatten. Erst nachdem alle Fragen geklärt waren ging Gröger zu den weiteren Teilen über.

So stand als nächstes die Abwehr von Messerangriffen auf dem Programm. Unter Experten gelten Messerangriffe als die unberechenbarsten und gefährlichsten Angriffe schlechthin. Dementsprechend schwierig ist es, eine Verteidigung gegen solche Angriffe auszuführen. Nachdem Gröger einige Grundtechniken demonstriert hatte, machte er deutlich, dass es bei solchen Angriffen besser ist, sich nicht mit bloßen Händen zu verteidigen sondern Gegenstände zu nutzen, um eine entsprechende Distanz zu der gefährlichen Waffe halten zu können (Schirm, Stock, Stuhl etc.) bzw. den Gegner durch zuwerfen von Gegenständen so abzulenken, dass man ihm das Messer gefahrloser abnehmen kann, ohne ihm die Möglichkeit zum Ausführen seines Angriffes zu geben. Ebenfalls sollte man beachten, dass der Angreifer ggf. mehrere Waffen bei sich tragen kann. Nach erfolgreicher Verteidigung, sollte man dem Angreifer also keine Möglichkeit lassen, ein zweites Messer oder eine andere Waffe für einen weiteren Angriff nutzen zu können.

Der nächste Teil galt der Verteidigung gegen Stockangriffe. Hier gilt zu beachten, dass der Stockschlag am äußeren Ende die größte Energie hat. Dementsprechend sollte man also möglichst schnell dicht an den Angreifer herankommen, um dieser Gefahr zu entgehen. Auch hier zeigte Gröger verschiedene Techniken, auf verschiedene Angriffe, die von den Teilnehmern fleißig geübt wurden.

Anschließend ging es mit Kettenangriffen weiter. Auch hier gilt es, ähnlich dem Stock, möglichst schnell dicht an den Gegner heranzukommen. Zu beachten ist jedoch, dass die Kette flexibel ist und einen auch bei der Verteidigung unkontrolliert treffen kann. Gröger zeigte einige Möglichkeiten auf, um dieses Risiko zu minimieren; Es aber gänzlich auszuschließen ist bei verschiedenen Angriffen kaum möglich. Ein weiterer gefährlicher Angriff mit der Kette ist das Würgen. Hier machte Gröger deutlich, dass nur sofortiges und kompromissloses Handeln eine effektive Verteidigung ermöglicht. Das Würgen mit der Kette ist äußert schmerzhaft und neben dem Abschneiden der Luft wird auch die Blutzufuhr zum Gehirn unterbrochen. Hier kann man in der Regel sagen, dass das Opfer nach ca. 10 Sekunden wegen mangelnder Sauerstoffzufuhr im Gehirn beginnt ohnmächtig zu werden. Die Verteidigung muss also sofort ausgeführt werden und unbedingt wirkungsvoll sein.

Zum Schluss zeigte Gröger noch einige Möglichkeiten zur Verteidigung auf. So kann beispielsweise der Angreifer dadurch abgelenkt werden, indem man ihm ein Getränk (sofern man gerade eins in der Hand hält) ins Gesicht schüttet. Der überraschungsmoment kann dann zur Flucht oder zum überwältigen des Angreifers genutzt werden. Auch der Einsatz eines Stuhles kann die Verteidigung erheblich vereinfachen. Gröger wird nicht zu unrecht als einer der erfahrensten Experten speziell auf dem Gebiet der praxisorientierten Selbstverteidigung bezeichnet. Immer wieder gelingt es ihm, die Teilnehmer seiner Seminare mit seinem schier unendlichen Potenzial zu verblüffen.

Als Gröger den Lehrgang nach fast 4 Stunden beendete bedankten sich die Teilnehmer für dieses hervorragende Seminar mit einem besonders kräftigen Applaus.


Abwehr eines Revolver bei
Bedrohung im Stirnbereich


Erfolgreiche Abwehr einer Pistole


Erfolgreiche Abwehr eines
Messerangriffes


Abwehr eines Messerangriffes
mit einem Stuhl


Erfolgreiche Abwehr eines
Stockangriffes


Abwehr eines Angriffes mit Kette


Abwehr eines Würgeangriffes
mit einer Kette

Ralf Kürschner